Klimaziele: Der Schlüssel liegt nach wie vor bei der Energieeffizienz
Modernisierungsberater Peter Baumgärtner aus Bruchsal: „Aus dem ‚Heizhammer‘ wurde ein ‚Klima-Kompromiss‘, der immer weiter vertagt wird.“
Die Ampel-Koalitionäre haben beim Gebäudeenergiegesetz (im Volksmund „Heizungsgesetz“) eine Einigung erzielt, die den Beginn der endgültigen Ausmusterung von Öl- und Gasheizungen teilweise bis ins Jahr 2028 verschieben soll. Zunächst muss es überall eine kommunale Wärmeplanung geben. Dann geht’s weiter. Bis zu fünf Jahre Zeit werden hierfür eingeräumt. Ob es aber wirklich so kommt, steht noch immer in den Sternen. Die lange Bank wird immer länger: Erst im September soll nun das Gebäudeenergiegesetz vom Bundestag endgültig verabschiedet werden. Solange gibt es wohl noch viel Verunsicherung bei Hauseigentümern und Mietern. Wir sprachen darüber mit Modernisierungsberater Peter Baumgärtner aus Bruchsal.
Wie schätzen Sie die aktuelle Situation ein?
Peter Baumgärtner: „Aus dem ‚Heizhammer‘ ist längst ein ‚Klima-Kompromiss‘ geworden.
Die mitunter unsachlich geführten Diskussionen auf dem Weg dorthin haben zudem dazu geführt, dass sich viele Menschen jetzt offenbar mehr vor einer neuen, umweltschonenden Heizung fürchten, als vor den Folgen des Klimawandels. Auch wenn wir jetzt eine kleine Verschnaufpause bekommen haben, der Klimawandel legt mit Sicherheit keine ein. Hinzu kommt, dass alle, die jetzt noch schnell eine neue Öl- oder Gasheizung einbauen, schon bald von weiter steigenden Energiepreisen belastet werden.“
Ist die Wärmepumpe wirklich die einzige Alternative?.
Peter Baumgärtner: „Es gibt viele Möglichkeiten, um ein Gebäude klimaneutral zu machen. Die gute Nachricht: Viele Fachverbände, wie etwa der Bundesverband Gebäudemodernisierung BVGeM, klären schon seit Jahren darüber auf, geben Orientierung und stimmen die Menschen auf die neue Zeit konzeptionell ein. Denn Ohne Wenn und Aber lautet die Botschaft, dass unsere Öl- und Gasheizungen für rund 30 Prozent der klimaschädlichen CO2-Emissionen verantwortlich sind. Im Gebäudebestand liegt somit der größte Hebel für den Klimaschutz.“
Aber gerade dort werden die Anforderungen aufgeweicht, verschoben, vertagt.
Peter Baumgärtner: „Das ist richtig. Dennoch müssen spätestens 2045 die letzten Öl- und Gasheizungen außer Betrieb genommen werden. Auch die, die in den nächsten fünf Jahren neu eingebaut werden und 2045 noch funktionieren. Unwirtschaftlicher kann man heute kaum handeln.“
Was raten Sie konkret?
Peter Baumgärtner: „Für den Gebäudesektor gibt es per sofort eine zweigleisige Strategie, wenn wir wahrhaftig daran interessiert sind, unseren Lebensraum zu erhalten: Beginnend mit den sehr alten Häusern, den sogenannten Worst Performing Buildings der Effizienzklassen G und H, werden erst die Gebäudehüllen gedämmt. Bis zu 80 Prozent Energieeinsparung sind möglich. Das bedeutet 80 Prozent weniger Treibhausgas-Emissionen, wenn eine Öl- oder Gasheizung im Haus eingebaut ist.
Parallel werden in diesen Bestandsgebäuden die alten Öl- und Gasheizungen dann Stück für Stück durch umweltverträgliche Heizsysteme getauscht.“
Wer soll das alles bezahlen?
Peter Baumgärtner: „Die energetische Sanierung alter Häuser kann über eingesparte Energiekosten und Förderzuschüsse finanziert werden, wie mit dem BVGeM-Wirtschaftlichkeitsrechner aufgezeigt wird. Über 5.000 zertifizierte Modernisierungsberaterinnen und -berater können es vorrechnen.
Das Geld gibt man also so oder so aus: Entweder wird es verheizt oder eben ins eigene Haus investiert. Der Schlüssel liegt nach wie vor bei der Energieeffizenz. Die beste Energie ist eben die, die wir erst gar nicht brauchen. Es ist übrigens auch für die kommunale Wärmeplanung ein erheblicher Unterschied, ob die Gebäude gedämmt oder nicht gedämmt sind. Also ran an die Dächer und Fassaden. Die Zeit des Diskutierens ist rum, die Zeit des Machens beginnt. Hauseigentümer, Mieter und Klima profitieren. Jetzt – und nicht erst in fünf Jahren.“
Pressemitteilung Bundesverband Gebäudemodernisierung e.V.
Leipzig, 10.07.2023