Die unterschätzte Betriebsgefahr
Es ist jedes Mal eine unangenehme Überraschung, wenn man nach einem Verkehrsunfall, bei dem man der Meinung war, keinerlei Schuld zu haben, plötzlich mitgeteilt bekommt, eine Teilschuld zugesprochen bekommen zu haben.
Gründe kann es viele geben. Zum einen sieht der Unfallgegner oft alles ganz anders, schaltet einen Rechtsanwalt ein, der vielleicht den gesamten Sachverhalt aus seiner Sicht anders beurteilt.
Vielleicht beurteilen auch die involvierten Versicherer den Unfall ganz anders, als man selbst vor Ort gedacht hat.
In vielen Fällen wird zudem die sogenannte Betriebsgefahr des Kfz komplett vergessen.
Was bedeutet das?
In den §§ 7 und 18 Abs. 1 des StVG sind diese Haftungsfragen geregelt. Die Haftung nach § 7 I StVG ist eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung, und die Haftung nach § 18 I 1 StVG eine Haftung für vermutetes Verschulden.
Wird also ein Kfz im öffentlichen Straßenverkehr bestimmungsgemäß benutzt, geht von ihm allein aufgrund dieser Tatsache des Betreibens eine sogenannte abstrakte Gefahr für alle anderen Verkehrsteilnehmer aus. Dabei ist unerheblich, ob ein verkehrswidriges Verhalten des Fahrzeugführers oder des Fahrzeughalters vorliegt.
Diese abstrakte Gefährlichkeit wird unter dem Begriff der Betriebsgefahr verstanden. Sie führt zu der im StVG geregelten verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung des Halters, die beim Betrieb des Kfz entsteht. Das gilt natürlich nicht nur für Sachschäden, sondern auch für Personenschäden.
Auf Deutsch heißt das, vom Fahrzeug selbst kann eine sogenannte Betriebsgefahr ausgehen. Wie hoch diese jeweils ist, wird letztlich vor Gericht entschieden oder die Versicherer einigen sich untereinander, eventuell auch mit dem gegnerischen Anwalt schon außergerichtlich.
Für eine leichte Betriebsgefahr ist es jedoch nicht unüblich, dass Gerichte 20% Teilschuld zusprechen. Je nach Beschaffenheit des Fahrzeugs kann diese auch größer ausfallen. Ein Lkw kann dabei eine wesentlich höhere Teilschuld aufgrund der Größe, des Sogs und der Motorisierung bekommen. Das wird individuell entschieden.
Verkehrsrechtsschutz kann helfen
Die Empfehlung ist daher eine Verkehrsrechtsschutzversicherung, denn diese übernimmt in solchen Fällen die Anwalts- und Gerichtskosten. Allein steht man als Laie da ziemlich hilflos gegenüber und muss sich dann eben wundern, wenn es plötzlich eine Teilschuld gibt.
Wichtig ist in dem Zusammenhang auch nochmals zu erwähnen, dass am Unfallort kein Schuldeingeständnis unterschrieben werden sollte. Denn dann ist die Sache von der eigenen Versicherung oder dem Rechtsanwalt kaum noch anzufechten und abzuändern.
Denn so sehr man geschockt ist, wenn man eine Teilschuld bekommt, es gibt immer auch die andere Seite. Und wenn man da steht, ist es vielleicht auch von Vorteil, nicht 100% Schuld zugesprochen zu bekommen.
Deshalb ist es von großer Bedeutung, am Unfallort alles zu fotografieren, eine detaillierte Unfallskizze zu erstellen und den Unfallhergang so genau wie möglich zu schildern. Dabei können auch vermeintliche Kleinigkeiten wichtig sein. Am besten ist es daher, dies zusammen mit dem erfahrenen Versicherungsvertreter vor Ort zu besprechen.