Die Zahl der pflegebedürftigen Personen wird in Deutschland steigen und damit die finanziellen Belastungen für die gesetzliche Absicherung. Voraussagen zur Entwicklung der Bedürftigen und der damit verbundenen Kosten bis zum Jahr 2050 legte jetzt das Wissenschaftliche Institut der AOK mit seinem „Pflege-Report 2019“ vor.
2017 waren etwa 4,6 Prozent der gesetzlich Versicherten auf Pflege angewiesen. Nach aktuellen Prognosen des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (Wido) wird ihr Anteil bis 2030 auf 5,5 Prozent ansteigen. 2050 werden sogar 7,4 Prozent diese Unterstützung brauchen.
Diese Ergebnisse veröffentlichte jetzt das Wido im Rahmen des aktuellen „Pflege-Reports 2019“. Die Analysen des Instituts basieren auf GKV-standardisierten AOK-Daten und zeigen Häufigkeit, Verläufe und Versorgungsformen der Unterstützung. Darüber hinaus werden Kennzahlen zur gesundheitlichen Versorgung der Betroffenen ausgewiesen.
Die aufgezeigte Entwicklung des Pflege-Reports sei aufgrund der jeweiligen Altersstruktur in allen Bundesländern unterschiedlich. 2017 reichte die Spanne des pflegebedürftigen Bevölkerungsanteils von 3,5 Prozent in Bayern bis 6,7 Prozent in Brandenburg.
Für 2030 prognostiziert die AOK-Auswertung Anteile zwischen 4,1 Prozent in Bayern und 8,8 Prozent in Brandenburg. 2050 sollen die Unterschiede noch größer werden. Hamburg hat danach mit nur 5,5 Prozent den niedrigsten Anteil an Betroffenen. In Brandenburg steigt dieser auf 11,1 Prozent.
Damit legt der Anteil der zu pflegenden Bevölkerung in fast allen Bundesländern von 2017 auf 2050 um 60 bis 70 Prozent zu, schreiben die Autoren. Lediglich in den Stadtstaaten falle der Anstieg mit 40 Prozent geringer aus.
Offen sind laut Pflege-Report 2019 nach wie vor, wie die Finanzierung der Pflegeversicherung in Zukunft stabil aufgestellt werden kann und wie Patienten vor finanzieller Überlastung geschützt werden.
„Mit Blick auf die endlichen Finanzierungsoptionen der Pflege brauchen wir einen breiten gesellschaftlichen Diskurs, wie wir Pflege gestalten wollen“, sagt Dr. Antje Schwinger, Leiterin des Forschungsbereichs Pflege im Wido und Mitherausgeberin des Pflege-Reports.
2018 machte die gesetzliche Pflegeversicherung ein deutliches Minus von 3,5 Milliarden Euro und musste dabei auf ihre Finanzreserven zurückgreifen (VersicherungsJournal Medienspiegel 4.3.2019, Medienspiegel 11.3.2019).
Die Ausgaben der gesetzlichen Kassen sind nach Auswertungen des Wido, ohne die Mittel für den Pflegevorsorgefond, in nur sechs Jahren von 23 Milliarden Euro im Jahr 2012 auf 40 Milliarden Euro im Jahr 2018 angestiegen.
Bis ins Jahr 2022 erwartet das AOK-Institut eine weitere Erhöhung auf rund 50 Milliarden Euro. Das entspricht einem Anstieg von 220 Prozent in zehn Jahren.
Zugleich würden „im heute bestehenden Teilleistungssystem der Pflege alle Kosten für bessere Arbeitsbedingungen direkt an die Pflegebedürftigen durchgereicht, so dass deren Eigenanteile weiter ansteigen werden“, unterstreichen die Autoren des Reports.
Aktuelle Auswertungen des AOK-Pflegeheimnavigators zeigten, dass diese Personen schon heute im Mittel für die stationäre Betreuung im Heim etwa 740 Euro für pflegebedingte Ausgaben aus eigener Tasche zahlen. Dazu kommen Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie Investitionskosten. In Summe machten das 1.900 Euro.
Viele Bürger gehen davon aus, dass die gesetzliche Absicherung immer noch einen Rund-um-Schutz für den Ernstfall darstellt (VersicherungsJournal 13.3.2019) oder sie wählen falsche Instrumente zur Vorsorge (VersicherungsJournal 2.7.2019).
Diese Tendenz zeigt sich auch in den sinkenden Abschlüssen der privaten Pflegeergänzungs-Policen: Hier zählte der Verband der Privaten Krankenversicherung e.V. (PKV-Verband) Ende 2018 rund 3,7 Millionen Verträge (VersicherungsJournal 20.6.2019). Das entspricht 4,5 Prozent der Pflegepflicht-Versicherten.